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Marie Sophie Tischbein



Marie Sophie Tischbein


Inventar Nr.: GK 719b
Bezeichnung: Marie Sophie Tischbein
Künstler: Johann Heinrich d. Ä. Tischbein (1722 - 1789), Maler/in
Dargestellt: Marie Sophie Tischbein (1726 - 1759)
Datierung: um 1756
Geogr. Bezug: Kassel
Material / Technik: Leinwand, doubliert
Maße: 68 x 55 cm (Bildmaß)
Provenienz:

erworben 1908 von Max Cramer, Kassel

bis 1789 in Tischbeins Wohnhaus, Kassel


Katalogtext:
Tischbein d. Ä. hat seine erste Frau Marie Sophie, mit der er nur drei Jahre verheiratet war, mehrfach in ähnlicher Pose porträtiert. Wie in den beiden Bildnissen mit Teetasse (Bern, Kunstmuseum, Inv. Nr. 503 u. Privatbesitz) posiert Marie Sophie auch hier als Halbfigur, im Dreiviertelprofil nach links vor bräunlichem Grund. Wie dort trägt sie den kostbaren blauen Samtumhang mit braunem Pelzbesatz und die weiße Spitzenhaube, die über ihrem grau gepuderten, schlicht frisierten Haar liegt und unterm Kinn von einer großen blauen Schleife zusammengehalten wird. Anders als in den beiden Bildnissen mit Teetasse ist Marie Sophie dicht an den Betrachter herangerückt. Auch gibt es keine Requisiten wie Tisch, Geschirr oder Schoßhund, die den Blick von den einfühlsam wiedergegebenen Gesichtszügen ablenken. Selbst Marie Sophies Hände verschwinden unter dem Umhang, und von ihrem Kleid sind lediglich der weiße Spitzeneinsatz und die blaugraue Miederschleife zu erkennen.
Tischbein heiratete Marie Sophie Robert (1726-1759) am 31. Oktober 1756. Sie stammte aus einer angesehenen, seit Ende des 17. Jahrhunderts in Kassel ansässigen Hugenottenfamilie. Ihre Mutter war Anne Madeleine Robert (1699-1747), geb. Ravot, ihr Vater Jean-Etienne Robert (1682-1758), Sekretär an der Französischen Kanzlei und Betreuer der Refugiés. Tischbein hatte mit Marie Sophie, die bereits Ende Mai/Anfang Juni 1759 verstarb, zwei Töchter: Wilhelmine Caroline Amalie, die im Herbst 1757, und Wilhelmine Ernestine Friederike, die im Januar 1759 geboren wurde.
Wie häufig in Tischbeins Porträts der 1750er Jahre zu beobachten, ist auch dieses Bildnis auf wenige Farben reduziert und wird weitgehend vom Dreiklang Braun-Blau-Weiß bestimmt. Das helle, zart gerötete Inkarnat von Gesicht und Dekolleté hebt sich deutlich von dem dunklen braunen Grund ab.
Engelschall bemerkt zum Entstehungsdatum des Bildes, »wahrscheinlich 1756 gemalet« (Engelschall 1797, S. 119, Nr. 6). Eine ähnliche, besser erhaltene Gemäldefassung, die im Format und Bildausschnitt etwas größer ist, wird in der Hamburger Kunsthalle verwahrt. Diese Fassung hat Tischbein mit »1761« signiert und damit nach dem Tod seiner Frau gemalt, vermutlich als Gegenstück zum »Selbstbildnis in mittleren Jahren« (1875/1418). Bahlmann verweist in seiner Publikation von 1911 auf eine dritte Fassung aus dem Jahr 1753, die sich in Berlin bei Frau Tellemann-Steuber befunden haben soll. Über den Verbleib dieses Gemäldes ist nichts bekannt.


Literatur:
  • Engelschall, Josef Friedrich: Johann Heinrich Tischbein d. Ä., ehemaliger Fürstlich-Hessischer Rath und Hofmaler, als Mensch und Künstler dargestellt, nebst einer Vorlesung von Casparson. Nürnberg 1797, S. 41, 119, Kat.Nr. 6.
  • Thieme, U. [Hrsg.]; Becker, F. [Hrsg.]; Vollmer, H. [Hrsg.]: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Leipzig 1907-1950, S. 210 (Bd. 33, 1939).
  • Bahlmann, Hermann: Johann Heinrich Tischbein. Straßburg 1911, S. 13, 71, Kat.Nr. 8.
  • Gronau, Georg: Katalog der Königlichen Gemäldegalerie zu Cassel. Berlin 1913, S. 71, Kat.Nr. 719b.
  • Gronau, Georg; Luthmer, Kurt: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. 2. Aufl. Berlin 1929, S. 82, Kat.Nr. 719b.
  • Beils, W.: Die Künstlerfamilie Tischbein. In: Volk und Scholle. Heimatblätter für beide Hessen 9 (1931), S. 193-200, S. 199.
  • Luthmer, Kurt: Die hessische Malerfamilie Tischbein. Verzeichnis ihrer Mitglieder und einer Auswahl ihrer Werke. Kassel 1934, S. 15, Kat.Nr. 26.
  • Heusinger, Christian von: J. H. Tischbein d. Ä. und die Familie Robert. In: Hessische Heimat 7 (1957/58), S. 19-22, S. 20.
  • Vogel, Hans: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. Kassel 1958, S. 154, Kat.Nr. 719b.
  • Heise, Carl Georg [Bearb.]: Katalog der alten Meister der Hamburger Kunsthalle. 5. Aufl. Hamburg 1966, S. 162, Kat.Nr. 560.
  • Herzog, Erich: Meisterwerke in hessischen Museen. Hanau 1967a, S. 147.
  • Marianne Heinz [Bearb.]; Erich Herzog [Bearb.+ Hrsg.]: Johann Heinrich Tischbein d. Ä. (1722 - 1789), Kassel trifft sich - Kassel erinnert sich in der Stadtsparkasse Kassel. Kassel 1989, S. 160, Kat.Nr. 16.
  • Tiegel-Hertfelder, Petra: "Historie war sein Fach". Mythologie und Geschichte im Werk Johann Heinrich Tischbeins d. Ä. (1722-1789). Worms 1996, S. 29.
  • Flohr, Anna-Charlotte: Johann Heinrich Tischbein d.Ä. (1722-1789) als Porträtmaler mit einem kritischen Werkverzeichnis. München 1997, S. 101-103, 234, Kat.Nr. G 147.
  • Lange, Justus; Gräf, Holger Th.; Rehm, Stefanie: Patrimonia 391, Johann Heinrich Tischbein d. Ä., Bildnis des Louis Gaucher, Duc de Châtillon, Gemäldegalerie Alte Meister, Museumslandschaft Hessen Kassel. Kassel 2018, S. 67.


Letzte Aktualisierung: 10.03.2023



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