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Die Verkündigung an die Hirten



Die Verkündigung an die Hirten


Inventar Nr.: GK 616
Bezeichnung: Die Verkündigung an die Hirten
Künstler: Johann Heinrich Roos (1631 - 1685), Maler/in
Datierung: 1659
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Öl
Maße: 74 x 58,5 cm (Bildmaß)
Provenienz:

erworben vor 1749 durch Wilhelm VIII.


Katalogtext:
Die Darstellung der Verkündigung an die Hirten von Johann Heinrich Roos setzt kompositorisch die Radierung Rembrandts voraus. Allerdings verändert sich bei dem in Frankfurt tätigen Maler der Charakter der Darstellung deutlich und mildert sich die Dramatik der Szene. Hier ist, wie bereits von Schnackenburg angemerkt, die Vermittlung der Bildidee Rembrandts über dessen Schüler Govaert Flinck anzunehmen, dessen Verkündigungsdarstellung in Paris (Louvre) Roos sehr nahe steht. Bei beiden Malern ist kaum noch etwas von der Panik der Hirten zu bemerken, auch die Tiere scheinen völlig unbeeindruckt von der göttlichen Erscheinung, vor der niemand die Flucht ergreift. Während allerdings Flinck für seine Darstellung das Querformat wählt, kehrt Roos zum Hochformat Rembrandts zurück.
Das überirdische Licht rauscht bei Roos einem Feuerball gleich vom Himmel herab, dessen Richtung durch die breite Bahn, die es am nächtlichen Himmel zieht, verdeutlicht wird. Seine warme Farbigkeit in Gelb- und Rottönen wird in den Kleidern der Hirten am Boden wieder aufgegriffen und geht sanft in die Brauntöne der Umgebung über. Als Barriere der übernatürlichen Erscheinung gegenüber dem Nachthimmel bildet sich eine gleichförmige Wulst aus Wolken, die strukturelle Stabilität vermittelt und eine scheinbar feste Basis für die Engelswesen darstellt.
Neben der Lichterscheinung, die trotz dynamisierender Formensprache einen sehr statischen Eindruck behält, sind auch die Figurenmotive, vor allem die Engel und Putti, sehr schematisch wiedergegeben, so daß es der Darstellung insgesamt an Überzeugungskraft mangelt. Die Qualitäten des Malers zeigen sich stärker in der Schilderung der Tiere, die in geschickten Verkürzungen im Halbdunkel gezeigt werden. Während das Licht bei Rembrandt die Darstellung durchdringt und wie ein Gerüst zusammenhält, bleibt es bei Roos in erster Linie nur ein Motiv, das sich gleichförmig auf den Bereich der Himmelserscheinung und den Lagerplatz der Hirten beschränkt.
So verwundert es kaum, dass Roos weniger als Historienmaler in Erscheinung tritt. Vergleichbare Darstellungen des Malers mit der Verkündigung an die Hirten finden sich in Braunschweig (HAUM) und Frankfurt (Historisches Museum). Diese sind gegenüber der Kasseler Version mit größerer Dramatik und deutlich differenzierterer Lichtbehandlung gestaltet.
(T. Trümper, 2011)


Inventare:
  • Catalogue des Tablaux. Kassel 1749, S. 37, Nr. 360.
Literatur:
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Versuch eines Verzeichnisses der kurfürstlich hessischen Gemälde-Sammlung. Kassel 1819, S. 97, Kat.Nr. 589.
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Verzeichniß der Kurfürstlichen Gemählde-Sammlung. Cassel 1830, S. 115, Kat.Nr. 689.
  • Auszug aus dem Verzeichnisse der Kurfürstlichen Gemälde-Sammlung. Kassel 1845, S. 69, Kat.Nr. 689.
  • Parthey, Gustav: Deutscher Bildersaal. Verzeichnis der in Deutschland vorhandenen Ölbilder verstorbener Maler aller Schulen. Berlin 1863/64, S. 392 (Bd. 2), Kat.Nr. 1.
  • Aubel, L.; Eisenmann, Oscar: Verzeichniß der in der Neuen Gemälde-Galerie zu Cassel befindlichen Bilder. 2. Aufl. Kassel 1878, S. 52, Kat.Nr. 552.
  • Eisenmann, Oscar: Katalog der Königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel. Nachtrag von C. A. von Drach. Kassel 1888, S. 351, Kat.Nr. 577.
  • Gronau, Georg: Katalog der Königlichen Gemäldegalerie zu Cassel. Berlin 1913, S. 56, Kat.Nr. 616.
  • Gronau, Georg; Luthmer, Kurt: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. 2. Aufl. Berlin 1929, S. 66, Kat.Nr. 616.
  • Luthmer, Kurt: Staatliche Gemäldegalerie zu Kassel. Kurzes Verzeichnis der Gemälde. 34. Aufl. Kassel 1934, S. 48, Kat.Nr. 616.
  • Vogel, Hans: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. Kassel 1958, S. 127, Kat.Nr. 616.
  • Bott, Gerhard; Gronau, Georg; Herzog, Erich; Weiler, Clemens: Meisterwerke hessischer Museen. Die Gemäldegalerien in Darmstadt, Kassel und Wiesbaden. Hanau 1967, S. 102.
  • Herzog, Erich: Die Gemäldegalerie der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel. Geschichte der Galerie von Georg Gronau und Erich Herzog. Hanau 1969, S. 14.
  • Schnackenburg, Bernhard: Gemäldegalerie Alte Meister Gesamtkatalog. Staatliche Museen Kassel. 2 Bde. Mainz 1996, S. 254.
  • Lange, Justus u.a.: Lichtgefüge. Das Licht im Zeitalter von Rembrandt und Vermeer. Petersberg 2011, S. 82, Kat.Nr. 26.


Letzte Aktualisierung: 24.07.2020



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