Stillleben mit zerteilter Artischocke, Erdbeeren und Kirschen



Stillleben mit zerteilter Artischocke, Erdbeeren und Kirschen


Inventar Nr.: GK 884
Bezeichnung: Stillleben mit zerteilter Artischocke, Erdbeeren und Kirschen
Künstler: Osias Beert (1580 - 1623), Maler/in, Werkstatt
Datierung:
Geogr. Bezug:
Material / Technik: Öl
Maße: 53 x 80 cm (Bildmaß)
71,8 x 98,7 x 6 cm Zierrahmen mit RSS (Rahmenmaß)
Provenienz:

erworben vor 1806

Beschriftungen: Signatur: falsche Bezeichnung: Georg Flegel 1589


Katalogtext:
Von einem erhöhten Standpunkt blickt der Betrachter auf ein Tischstillleben. Um einen zentral angeordneten Zinnteller mit einer zerteilten Artischocke gruppieren sich verschiedene Gegenstände. Hierzu gehören Gefäße aus Porzellan, die mit Brombeeren, Kirschen und Erdbeeren gefüllt sind, ein Brot, ein Messer mit perlmuttverziertem Griff, ein kunstvolles Salzfass und verschiedene Weingläser. Alles ist gleichmäßig auf einem Holztisch verteilt, so dass es zu keinerlei Überschneidungen kommt. Von links oben gleichmäßig beleuchtet heben sich alle Gegenstände in deutlicher Wiedergabe vor dem dunklen Hintergrund ab.
Ob die Motivzusammenstellung einen religiösen oder moralischen Gedanken intendiert, bleibt fraglich. Zwar könnte man Brot und Wein mit dem Abendmahl in Verbindung bringen, doch spiegeln sie ganz allgemein auch zeitgenössische Essgewohnheiten und kommen auf zahllosen Bildern vor. Dies gilt genauso für den häufig angebrachten Vanitas-Gedanken, der aufgrund der Verderblichkeit von Lebensmitteln und Blumen beinahe jedem Stillleben zugrunde liegen könnte, doch gewiss nicht immer als inhaltlicher Bezugspunkt beabsichtigt ist. Das Werk der Kasseler Gemäldegalerie repräsentiert vielmehr eine reich gedeckte Tafel, die mit wertvollen Gegenständen von gesellschaftlichem Reichtum zeugt und aufgrund der verschiedenenartigen Objekte und ihrer Positionierung im Bildraum eine künstlerisch anspruchsvolle Aufgabe darstellte. Auf einen eindeutigen Hinweis auf die Vergänglichkeit, zum Beispiel durch eine Fliege im Bild, hat der Künstler verzichtet.

Eine Signatur mit Jahreszahl 1589 in der rechten unteren Ecke ließ das Gemälde lange Zeit als ein Werk des in Frankfurt tätigen Malers Georg Flegel (1566-1638) gelten. In der direkten Gegenüberstellung mit dem Gemälde „Das Frühstück“ aus dem Hessischen Landesmuseum Darmstadt (GK 308) werden allerdings große stilistischen Unterschiede deutlich, wenn auch der Charakter des Stilllebens grundsätzlich vergleichbar bleibt. Die Signatur wurde inzwischen als Fälschung identifiziert und das Kasseler Gemälde mit dem flämischen Stilllebenmaler Osias Beert in Verbindung gebracht. Es geht auf ein Vorbild des Künstlers im Rijksmuseum Amsterdam (um 1600-1624, Inv. Nr. A 2549) zurück, welches in mehreren Varianten kopiert wurde. Die nur in wenigen Details abweichende Kasseler Version stellt eine vereinfachte Kopie dar, die nicht mit Sicherheit mit der Werkstatt Beerts oder deren Umfeld in Zusammenhang gestellt werden kann.
(T. Trümper, 2011)


Literatur:
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Versuch eines Verzeichnisses der kurfürstlich hessischen Gemälde-Sammlung. Kassel 1819, S. 20, Kat.Nr. 103.
  • Robert, Ernst Friedrich Ferdinand: Verzeichniß der Kurfürstlichen Gemählde-Sammlung. Cassel 1830, S. 25, Kat.Nr. 129.
  • Auszug aus dem Verzeichnisse der Kurfürstlichen Gemälde-Sammlung. Kassel 1845, S. 17, Kat.Nr. 129.
  • Eisenmann, Oscar: Katalog der Königlichen Gemälde-Galerie zu Cassel. Nachtrag von C. A. von Drach. Kassel 1888, S. 345, Kat.Nr. 563.
  • Gronau, Georg; Luthmer, Kurt: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. 2. Aufl. Berlin 1929, S. 28, Kat.Nr. 884.
  • Luthmer, Kurt: Staatliche Gemäldegalerie zu Kassel. Kurzes Verzeichnis der Gemälde. 34. Aufl. Kassel 1934, S. 60, Kat.Nr. 884.
  • Greindl, Edith: Les peintres flamands de nature morte au XVIIe siècle. Brüssel 1956, S. 150.
  • Vogel, Hans: Katalog der Staatlichen Gemäldegalerie zu Kassel. Kassel 1958, S. 30-31, Kat.Nr. 884.
  • Schnackenburg, Bernhard: Gemäldegalerie Alte Meister Gesamtkatalog. Staatliche Museen Kassel. 2 Bde. Mainz 1996, S. 58.
  • Lange, Justus u. a.: Dialoge. Barocke Meisterwerke aus Darmstadt zu Gast in Kassel. Petersberg 2011, S. 66, Kat.Nr. 14.


Letzte Aktualisierung: 28.11.2018



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